Nein, die düstersten Prognosen sind nicht eingetroffen. Es wird nicht landauf, landab Albert Camus’ „Pest“ gespielt. Auch im Post-Shutdown-Theater gibt es Gegenwartsdramatik. Und Hochkonjunktur hat darin nicht die neue Maskenpflicht, sondern die gute alte soziale Frage.
Die Journalistin etwa, die sich in Thomas Melles Stück „Die Lage“ am Schauspiel Stuttgart zusammen mit vielen milieuverwandten Leidensgenossen auf Wohnungssuche begibt, ist überzeugt, dass „die soziale Frage unserer Zeit“ im Mietproblem liegt. „Es geht nicht mehr um das Wie, sondern um das Ob“, also darum, „ob man überhaupt noch was bekommt“, ruft sie dem Makler ins Pokerface.
Es geht aber auch noch ganz anders. Denn selbst dieses „Ob“-Stadium, das ja immerhin auf einem soliden Möglichkeitsfundament fußt, muss man schließlich erst einmal erreichen. Bei den Protagonisten anderer Dramen – zum Beispiel den Zwillingen Taylor und Ronny Schmetterling, die bei den Autorentheatertagen im Deutschen Theater Berlin auf der Bühne stehen – ist das nicht unbedingt der Fall. „Nichts haben wir jemals gewonnen“, erklärt Ronny in Dorian Brunz’ „beach house“, einem der drei Gewinnertexte des DT-eigenen Gegenwartsdramatik-Festivals, das in Koproduktion mit der Hauptstadtbühne vom Schauspiel Leipzig inszeniert wurde.
Überhaupt existieren zwischen dem Stuttgarter Milieu, das die Uraufführungsregisseurin Tina Lanik mit einem Schauspielerquintett (Boris Burgstaller, Josephine Köhler,...