Look Out
Durchatmen mit Smartphone
Der Tübinger Dramaturg Ilja Mirsky knüpft digitale Theaternetzwerke
von Elisabeth Maier
Erschienen in: Theater der Zeit: Elektro-Theater – Der virtuelle Raum (04/2021)
Assoziationen: Akteure
Mauern sperren die Menschen ein. Die sehnen sich nach Freiheit. Augenblicke später beginnen sie zu fliegen: Virtuelle Realität macht die Reise im historischen Kellergewölbe des Zimmertheaters Tübingen möglich. Das Publikum trägt in dem immersiven Projekt „VReedom – eine dreidimensionale Befreiung“ von Corinne Soland VR-Brillen. Schweben im Raum fühlt sich da fast real an. Trotz aller Corona-Beschränkungen hat der junge Dramaturg Ilja Mirsky das ungewöhnliche Format am Institut für theatrale Zukunftsforschung (ITZ) realisiert: „Manchmal bin ich auch Programmierer hier, in letzter Zeit immer öfter.“ Sein Strahlen verrät, dass ihn das überhaupt nicht stört.
Gerade tüftelt Mirsky wieder an einem neuen Projekt. Mit der Berliner Autorin Hannah Zufall entwickelt er einen Theaterspaziergang durch Tübingen, den die Besucher auf eigene Faust mit dem Smartphone erleben – „Olfaktoria. Ein Audiowalk zum Durchatmen“ hat an Ostern Premiere. Dass ihn die technischen Möglichkeiten des digitalen Theaters faszinieren, verhehlt der 25-jährige Kognitionswissenschaftler mit Bachelor-Abschluss der Universität Tübingen nicht. „Aber für mich steht immer der Mensch im Mittelpunkt“, stellt er klar. Mirsky ist auf der Suche nach einer digitalen Dramaturgie, die den Performern neue Horizonte eröffnet. Ihn interessiert die Zukunftsfrage, die der polnische Science-Fiction-Autor Stanislaw Lem schon in den 1960er Jahren aufgeworfen hat: Dominiert der Mensch die Maschine...