Magazin
Eros und Thanatos
Theodoros Terzopoulos’ neuestes Stück „Encore“ in Athen
Erschienen in: Theater der Zeit: Alles außer gewöhnlich – Die Schauspielerin Jana Schulz (03/2017)
Die Wege des Bühnenbodens bilden ein Kreuz, auf welchem die zwei Schauspieler (Antonis Myriagkos und Sophia Hill) umherlaufen. Sie bewegen sich mit Schwertklingen zwischen den Zähnen, als wollten sie einander verzehren, sich gemeinsam in einen Körper verwandeln, bis sie sich schließlich in eine kirchenartige Nische auf der Hinterbühne begeben, vor tragischem Vergnügen heulend. „Encore, encore, encore“, flüstern sie. Wiederholung als Struktur des Begehrens. „Alle Lust will Ewigkeit“, schrieb Friedrich Nietzsche, der Wiederentdecker des Dionysischen.
Dionysos, der Gott der Zerstörung und Wiedergeburt, ist in den über dreißig Jahren seines Bestehens immer eine wesentliche Inspiration für das von Theodoros Terzopoulos begründete Athener Attis-Theater gewesen. Das Dionysische ist, in Übereinstimmung mit Nietzsche, ein produktiver Kunsttrieb des Wandels: künstlerischer Impuls sowie formgebende Kraft. Die Besessenheit des Attis-Theaters in Bezug auf geometrische Formen (Muster am Boden, Körperhaltungen, Gesten) basiert auf einem ästhetischen Gesetz der Abstraktion und ist Konsequenz des Vorgangs, „Dinge bis auf ihr Skelett zu reduzieren, ihr Fleisch und ihre Oberfläche herunterzureißen“ (Heiner Müller), wodurch in kühnen Konturen eine neue Gesamtheit konstruiert wird. Terzopoulos’ dionysische Methode verlangt das kreative Herausführen des Schauspielerkörpers aus seinen alltäglichen Strukturen und die kontrollierte Rekonstruktion des Körpers zu einem neuen performativen Selbst.
Mit „Encore“, dem Abschluss einer Trilogie nach...