Er liebt den großen Auftritt und den Applaus. Schlagfertig und witzig, charmant und eloquent, beherrscht er die Kunst, virtuos mit Pointen und Timing zu spielen. In Sekundenschnelle nimmt er ein Publikum für sich ein und bringt es zum Johlen.
Doch er hat auch ein anderes Gesicht. Er bricht Regeln, beschimpft seine Gegner, prügelt sich durch Konflikte. Ein Egomane, der nur zu gern die Massen aufwiegelt und sich selbst immer wieder über das Gesetz stellt. Misogyn, gewaltbereit, mit Vorliebe für Waffen und Provokation. Getrieben von grotesker Selbstüberschätzung überschreitet er jede Grenze und wird für sein „That’s the way to do it!“ gefeiert.
Seit Jahrhunderten wandert diese Figur unter verschiedenen Namen durch Europa: als Kasper oder Punch, als Jan Klaassen, Gui-gnol oder Pulcinella. Ihre Auftritte leben von Übertreibung, Gewalt und der Lust am Tabubruch. Aber kann diese Figur mit all ihren Brüchen und ihrer Geschichte überhaupt im Heute bestehen, ohne ihre anarchische Energie zu verlieren? Dieser Frage möchten wir in diesem Heft nachgehen und uns der Lustigen Figur des Puppenspiels nähern. Einige Artikel sind gekürzte Vorträge zum Symposium „Kasper? Kasper! Eine kritische Befragung“, das als Teil des gleichnamigen Festivals im Juni am Puppentheater Magdeburg stattfand.
Daria Ivanova-Hololobova eröffnet unseren Thementeil mit einem...