Vom Mut, Räume zu öffnen
von Esra Küçük
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Das Gorki ist Theater. Postmigrantisches Theater. Oder auch Neues Deutsches Theater. Aber nicht nur das. Es ist auch Plattform und Beschleuniger für zeitgenössische Diskurse. Seit Beginn der Intendanz von Shermin Langhoff ist es dem Gorki gelungen, mit den Konfliktfeldern, in denen wir uns als Gesellschaft bewegen, in eine direkte Auseinandersetzung und Verhandlung zu gehen. Das Haus schafft eine unmittelbare Korrespondenz mit den brennenden Themen vor der Tür. Während auf der Straße gegen ein Gesetz demonstriert wird, das in Polen die Rechte von Frauen* einschränken soll, wird zeitgleich auf der Bühne zu einer Debatte mit polnischen Künstler*innen geladen, die sich in ihren Arbeiten mit diesen Veränderungen auseinandersetzen und Banden bilden mit Künstler*innen an anderen Orten der Welt, in denen ähnliche politische Verschiebungen Alltag geworden sind.
Als der live im Radio übertragene „Freitag-Salon“ von Mitgliedern der identitären Bewegung gestört wurde, die versucht haben, ihn für ihre Propaganda zu kapern, ist der Vorfall augenblicklich aufgegriffen und künstlerisch verhandelt worden. Am Gorki wird nicht zwischen Theorie und Praxis, Haltung und Handlung getrennt. Dabei haben wir stets den Versuch unternommen, so viele kritische Stimmen wie möglich zusammenzubringen, interdisziplinär und international, vor allem auch solche, die eine europäische Perspektive infrage stellen. Wir haben Künstler*innen, Denker*innen, Intellektuelle...