Die Tragödie des Populismus
von Bernd Stegemann
Erschienen in: Das Gespenst des Populismus – Ein Essay zur politischen Dramaturgie (01/2017)
Die liberalen Gesellschaften befinden sich spätestens seit dem Wahlsieg von Donald Trump in einer tragischen Situation. Sie sind stolz auf ihre Werte und sehen sich selbst als moralische Instanz. Zugleich müssen sie realisieren, dass ihre größten Feinde nicht mehr nur totalitäre Ideologien oder fundamentalistische Religionen sind, sondern auch ihre Einwohner. Es muss also ziemlich viel schiefgelaufen sein, wenn sich immer mehr Menschen in immer schnellerem Tempo von den Vorzügen einer offenen Gesellschaft verabschieden.
Die Angriffe des rechten Populismus haben an dieser Entwicklung einen großen Anteil, weil sie nicht nur auf die Werte des Liberalismus zielen, sondern vor allem auf die Kommunikationsform, die im vorigen Kapitel als liberaler Populismus untersucht wurde. Indem der rechte Populismus auf beiden Ebenen zugleich angreift, verliert die paradoxe Selbstverteidigung des Liberalismus immer schneller ihre Überzeugungskraft. Ihre Methode, sich selbst als interessenlose Vernunft zu inszenieren und die systemischen Ursachen der Ungleichheit hinter subjektiven Kompetenzen zu verstecken, funktioniert immer weniger, je öfter Menschen bemerken, dass es sich dabei um eine raffinierte Propaganda für das Kapital handelt. Dabei verfolgt der rechte Populismus die immer gleiche Strategie, mit seinen emotionalen Angriffen Unruhe zu erzeugen, wodurch das liberale Milieu nervös wird und dabei mehr von sich preisgibt als ihm lieb ist....