Ein Fingerbreit Freiheit – das Theater von Amir Nizar Zuabi
von Ala Hlehel
Erschienen in: Recherchen 104: Theater im arabischen Sprachraum – Theatre in the Arab World (12/2013)
Das nach der Nakba 1948, also nach dem Exodus der Palästinenser während der Gründung des Staates Israel entstandene, zeitgenössische palästinensische Theater konzentrierte sich stark auf realistische Narrative. Teilweise hatte man den Eindruck, es unterwerfe sich ganz der politischen Realität und dem historischen Gedenken. Damit sagte es sich freiwillig von den wichtigsten Komponenten des Theaters und seiner Kreativität los: der Phantasie, dem Zuschauen können, und dem ästhetischen Genuss. Deshalb verkündete Zuabi, dass er als Palästinenser, der 2010 in Palästina lebe, seine eigene Interpretation der Nakba präsentieren wolle, die nicht notwendiger Weise zu den überkommenen Bildern der historischen Ereignisse passe oder dem von den Zuschauern Erwarteten entspräche.
So kann ein Palästinenser, der seine Sachen packen und während der Nakba auswandern musste, anstelle eines Bündels Kleidung, wie man es von den Fotos der Vertreibung kennt, auch den geliebten Baum mitnehmen. Warum? Weil das Theater im Vordergrund steht und der Baum, den Yusuf im Stück Ich bin Yusuf und dies ist mein Bruder auf dem Rücken trägt, für diese Szene einen anderen Interpretationsspielraum eröffnet.
Die Geschichte war und ist die größte Fallgrube für das palästinensische Theater und unsere gesamte Kreativität: Ohne es zu merken sind wir Kreativen in die Aufgabe verstrickt, unsere Geschichte zu...