Magazin
Performer des Antikapitalismus
Zum Tod von Friedrich Schenker
von Christoph Nix
Erschienen in: Theater der Zeit: Frontmann Hamlet – Der Dresdner Musiker-Schauspieler Christian Friedel (03/2013)
Wir müssen uns Friedrich Schenker als einen glücklichen Menschen vorstellen, als einen, dessen Lebenswerk den Gedemütigten und Beleidigten eine Stimme gegeben hat, einen Klang, der unverwechselbar einem Motiv gefolgt ist: Du bist nicht umsonst.
Am Staatstheater Kassel war Fritz Schenker Hauskomponist. Das klingt, als wäre das etwas Komfortables gewesen, was es aber nicht war. Der Generalmusikdirektor weigerte sich, seine Oper – die Vollendung des „Johann Faustus“ – zu dirigieren. Darüber hat Fritz nur gelacht, zum Schlussapplaus kam er auf die Bühne – den Buhrufen des Bürgertums trat einer entgegen, dessen Größe man nur erahnen kann.
Spätestens seit seiner Büchner-Oper hatte der autoritäre Staat der DDR versucht, sich dieses Anarchisten zu entledigen. Dem väterlichen Schutz seiner Lehrer Paul Dessau und Hans Eisler mag es zu verdanken sein, dass er nicht ganz von der Bildfläche verschwand, dass der aufbegehrende Klang des Posaunisten unüberhörbar wurde. Peter Palitzsch holte ihn 1990 ans Berliner Ensemble, wo er die Musik zu Shakespeares „Perikles“ komponierte. Dort lernte ich ihn kennen, und ich bin dankbar, dass wir uns nie verloren haben. Die Banausen an den Opernhäusern der neuen Berliner Republik haben Schenker nie mehr eine echte Chance gegeben. Seine Sinfonien („Vierte Allemande“) galt den Toten und den Überlebenden...