Essay
Frauentausch
von Dirk Baecker
Erschienen in: Recherchen 99: Wozu Theater? (01/2013)
Assoziationen: Musiktheater
Der Schlüssel zu Richard Wagners Das Rheingold ist eine Regieanweisung gleich zu Beginn des Werkes.1 Ort der Handlung: „Auf dem Grunde des Rheines“. Und dann heißt es: „Die Höhe ist von wogendem Wasser erfüllt, das rastlos von rechts nach links zu strömt.“ Offenbar schauen wir von unten zur Wasseroberfläche hinauf. Aber ganz so einfach ist die Erklärung nicht, denn gleichzeitig sehen wir Alberich über schroffes Gestein steigen, gelockt, verführt und verspottet von den Rheintöchtern, die verführerisch zu ihm hinabtauchen und sich doch nicht fangen lassen. Und: „Nach der Tiefe zu lösen die Fluten sich in einen immer feineren feuchten Nebel auf, so dass der Raum in Manneshöhe vom Boden auf gänzlich frei von Wasser zu sein scheint.“ Befinden wir uns in einer verkehrten Welt, in der das Wasser oben fließt?
Zwei weitere Anweisungen unterstützen diese Erklärung. Als Alberich das Gold aus dem Felsen herausgerissen hat und mit dem Gold in die Tiefe stürzt und die Mädchen auf der Jagd nach ihm hinterhertauchen, „fällt“ auch „die Flut (…) mit ihnen nach der Tiefe hinab.“ Damit endet die erste Szene des Stücks, und die zweite Szene eröffnet mit Gewölke, das sich verzieht und den Blick auf eine „freie Gegend auf Bergeshöhen“...