1 Streitpunkt Form
»This scene is going to undermine all our habitual forms of recognition of place, time and fixed identities. But the perceived is not really the object, it is its shade, its phantom, its double, its replica in a new kind of mirror.«79
In Susanne Kennedys Women in Trouble dreht sich die Bühne im Uhrzeigersinn, langsam, auf nur sieben Prozent Geschwindigkeit. Die tortenstückartig angeordneten Räume des kreisrunden Bühnenbilds gleiten sanft vorbei, so auch die Performer:innen, deren Gesichter hinter Latexmasken versteckt sind. Ewige Wiederholung in einem über zweieinhalbstündigen Stück, dessen Akteure – Figuren, Raum, Zeit, Sound – als abstrahierte Phantome einer Welt erscheinen, die wir doch wiedererkennen. Das obenstehende Zitat des ›Voiceover‹, einer körperlosen, übergeordneten Instanz in Kennedys Inszenierungen, erklingt nach gut der Hälfte der Vorstellungszeit aus dem großen Off80 und scheint nicht nur die zeitgleich stattfindende Szene, sondern mindestens das gesamte Stück zu kommentieren: Kennedy ist nicht erst seit Women in Trouble gerühmt und gescholten zugleich für ihre Bühnensettings, die unsere ›habitual forms of recognition‹ unerbittlich unterlaufen und dabei doch als verzerrte Nachbildungen auf unsere alltägliche Welt referieren. Es sind die Masken, die Bewegungsabläufe der Figuren, die den ›natürlichen‹ Körper nachahmen und gleichzeitig fremd werden lassen. Es sind die...