Theater der Zeit

Auftritt

Hessisches Staatstheater Wiesbaden: Kurdisch gibt es nicht!

„Die Besetzung der Dunkelheit“ nach Bachtyar Ali – Inszenierung Ihsan Othmann, Bühne Olaf Grambow, Kostüme Jessica Rockstroh

von Björn Hayer

Assoziationen: Theaterkritiken Hessen Bachtyar Ali Ihsan Othmann Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Erschienen am 27.2.2023

Lukas Schrenk, Christian Klischat, Anna Lena Owen und Lara Göhlert in „Die Besetzung der Dunkelheit“ am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden.
Lukas Schrenk, Christian Klischat, Anna Lena Owen und Lara Göhlert in „Die Besetzung der Dunkelheit“ am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden.Foto: Karl und Monika Forster

Kafka am Bosporus. Nur ein wenig anders. Als Ismet Oktay (Ferhat Keskin), seines Zeichens ein Nationalist der härtesten Sorte, eines morgens aufwacht und unversehens seine Sprache verloren hat, scheint auch seine bislang gefestigte türkische Identität dahin zu sein. „Haben sich Tote seines Körpers bemächtigt oder ist gar dunkle Magie im Spiel?“ fragen sich die Angehörigen, die den sich nur noch in vermeintlichem Kauderwelsch äußernden Mann direkt zum Arzt bringen. Die Diagnose: Er spricht nun Kurdisch, eine Sprache, die es nach Angaben der Staatslenker gar nicht gäbe. Daher ist das Vorgehen klar. Der einstige Fanatiker wird nun selbst Opfer seines Hasses, indem er mit anderen „Erkrankten“ in eine sogenannte Psychiatrie verfrachtet wird. Doch damit nicht genug. Von den ursprünglich mehrere hundert Seiten umfassenden Roman aus der Feder des kurdischen Autors Bachtyar Ali sind noch weitere Handlungsstränge in die Uraufführung „Die Besetzung der Dunkelheit“ am Hessischen Staatstheater eingezogen: Jenseits von Propagandaparolen rechtsnationaler Politiker treffen wir noch auf einen gegen das System aufbegehrenden Arzt oder lernen einen homosexuellen Übersetzer kennen, der für den Geheimdienst gegen seine inneren Überzeugungen die unterdrückte, ethnische Minderheit aushorchen soll.

Alles sehr komplex? Alles sehr voll? Diese Eindrücke sind zutreffend und belegen auch ein wenig das Scheitern der Dramaturgie...

Erschienen am 27.2.2023

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