Bayern ist überall. Und in Frankreich ist besonders viel Bayern, scheint es. Im vergangenen Herbst zeigte sich das Land, wieder einmal, als jener Ort zwischen Anarchie und Reaktionismus, den Rainer Werner Fassbinder in seinem Stück „Anarchie in Bayern“ beschrieben hat. Auch Frankreich liebt bekanntermaßen den Aufstand, den Umbruch, das Neue. Es liebt den öffentlichen Protest, die große Geste. Spätestens seit Beginn der leidenschaftlichen Diskussion um die Homo-Ehe Anfang 2013, aber eigentlich schon seit Napoleon wissen wir auch: Frankreich liebt ebenso das Gewesene. Die Umkehr.
Es ist ein Widerspruch von vielen. Dazu gehört, aus deutscher Sicht: Patriotismus ist hier nicht nur ein Gadget der Konservativen. Und: Letztere beweisen in Frankreich gerne ein gewisses Knowhow linker Protestkultur. Im Frühjahr 2013 malten Gegner der Homo-Ehe für ihre Idee der traditionellen Kernfamilie Graffiti auf die Straßen, nannten sich – man achte auf den Schulterschluss – „Französischer Frühling“ und stürmten am Nationalfeiertag im November einen Auftritt von Präsident Hollande. Mit roten Mützen, dem Symbol für die freiheitliche Republik von 1789. Was wiederum für Aufregung sorgte, weil die Mützen eigentlich vor allem von protestierenden Bauern in der Bretagne verwendet werden.
Fassbinder also hat das, dieses absurde Spiel mit den Versatzstücken der Politik, die Übungen im Revoltieren,...