Ihre erste Rolle in Stuttgart, das war Wahida, eine New Yorker Studentin mit arabischen Wurzeln, die sich in ihren jüdischen Kommilitonen Eitan verknallt. Für die Schauspielerin Amina Merai war das eine Riesenherausforderung – aus dem Stand eine der Hauptfiguren in Wajdi Mouawads west-östlichem Familienepos „Vögel“ zu verkörpern, das obendrein den Stuttgarter Neubeginn des Intendanten Burkhard C. Kosminski 2018 markierte. Viel Text, lange Monologe, in mehreren Sprachen. Für Merai heikel zu spielen, denn Wahida – übersetzt „die Einzigartige“ – ist auch auf der Suche nach ihrer arabischen Identität; abgelehnt von Eitans starrsinnigem Vater, wird ihre Liebe am Ende zwischen den Fronten des Nahostkonflikts zerrieben. Neben erfahrenen Profis wie dem israelischen Schauspieler Itay Tiran zeigt Amina Merai, wie diese Wahida ihre Zuversicht verliert, wie sie sich verletzt zurückzieht und ihrerseits mit Abgrenzung reagiert. Eine starke Entwicklungsstudie – und ein fesselndes Protokoll vom Scheitern einer Utopie.
Für Amina Merai ist Stuttgart ein Glücksgriff. In Berlin geboren und aufgewachsen, Vater tunesisch, Mutter polnisch, erprobte sie sich schon während des Studiums an der Filmhochschule Babelsberg mehrgleisig, agierte für Film und TV, stand in „Skizze eines Sommers“ am Hans Otto Theater Potsdam oder in Thomas Bo Nilssons szenischer „Dekameron“-Installation am Berliner Ensemble auf der Bühne. Wieso...