Es dauerte keine zwanzig Minuten, doch das Ausmaß der Verheerung war umfassend: Am 16. März 1945 warfen 230 Bomber der Royal Air Force ihre vernichtende Fracht über Würzburg ab und machten die Stadt dem Erdboden gleich. Der Feuerschein war noch in über 200 Kilometern Entfernung zu sehen. Und auch wenn die Flammen lang erloschen sind: Das Trauma strahlt aus bis in die Gegenwart und ist zu einem zentralen Mosaikstein im Selbstbild der Stadt geworden. Kaum ein Tourist, der heute bei der Führung durch Würzburg nicht am Modell der zerstörten Altstadt im Rathaus vorbeigeschleust wird.
Tjark Bernau lässt sein Rechercheprojekt mit der Spielszene einer solchen Führung beginnen. Aber natürlich ist „Magnolienzeit“ der Versuch, den Blick zu weiten und aus der Engführung auf die Opferperspektive auszubrechen. Schon bei einer Gedenkveranstaltung in der frühen Nachkriegszeit stößt einem Zeitungskommentatoren übel auf, dass der Eindruck geweckt worden sei, das Bombardement sei „aus heiterem Himmel“ gekommen. Was allenfalls meteorologisch korrekt ist: Der 16. März 1945 war ein sonniger Frühlingstag, an dem die Magnolienbäume im Würzburger Kaisergärtchen blühten. Ansonsten steht es außer Frage, dass Nazi-Deutschland den Bombenhagel über Städten wie Würzburg selbst heraufbeschworen hat. In „Magnolienzeit“ fingern fünf Darsteller (zwei Frauen, drei Männer) solche Zeitungsberichte mit weißen...