Gespräch
Was macht das Theater, Jo Fabian?
von Jakob Hayner und Jo Fabian
Erschienen in: Theater der Zeit: Unter Druck – Das Theater in Ungarn (04/2018)
Assoziationen: Dossier: Was macht das Theater...?
Jo Fabian, wie nehmen Sie die Stimmung in Cottbus wahr?
Ob Sie es glauben oder nicht: Cottbus ist eine ruhige Stadt, auch jetzt. Man bekommt von den Konflikten zwischen Ideologien und Religionen, zwischen Deutschen und Ausländern genauso viel oder wenig mit wie in anderen Städten auch. Wären da nicht die gelegentlichen Demonstrationen eines geringen Teils der Bevölkerung für Toleranz und ein friedliches Miteinander sowie auch jene Demonstrationen des Vereins „Zukunft Heimat“ mit dem Ziel, den weiteren Zuzug von Asylanten in Cottbus zu verhindern. Der Ton der Redner ist rau, Neonazis mischen sich vermehrt unters Volk, und die AfD geht auf Bauernfang. Wir sollten jetzt aber nicht so tun, als würde uns das überraschen. Wir haben diese Entwicklung selbst zu verantworten.
Offenbar ist Verunsicherung ein weit verbreitetes Gefühl in der Bevölkerung. Drohende Arbeitslosigkeit und Hartz-IV-System, Zerstörung und Privatisierung der öffentlichen Versorgung, Überschuldung der Kommunen – gerade in Cottbus – sind ja Gründe für ein solches Gefühl. Und trotzdem macht es sich nur an dem Zuzug von Asylbewerbern fest. Artikuliert sich in Cottbus die soziale Frage als rassistisches Ressentiment?
Latentem Rassismus kann man mit zivilisierter Verachtung begegnen, finanzielle Löcher kann man mit Geld stopfen, Bankenkrisen mit Pflastern verdecken, Terrorismus mit Überwachung begrenzt...