Thema: Festivals
Geteilte Zeit ist halbes Leid
Das Kunstenfestivaldesarts in Brüssel ist eine Feier der Diversität
von Theresa Schütz
Erschienen in: Theater der Zeit: Fuck off (09/2015)
La création artistique est une chose précieuse.“ „De artistieke creatie is een kostbaar goed.“ „Artistic creation is a very precious thing.“ Zweimal wiederholt Christophe Slagmuylder, der Leiter des 1992 von Frie Leysen gegründeten Kunstenfestivaldesarts, diesen Satz in seinem programmatischen Ankündigungstext. Fett gedruckt sticht er einem in der dreisprachigen Ausgabe gleich sechsmal ins Auge und wird zum Festivalmantra sowie zur Kampfansage gegen weitere Einsparungen im vitalen belgischen Kunst- und Kulturbetrieb. Eine Forderung, die man auch hiesigen Kulturpolitikern mit Edding hinter die Ohren schreiben sollte.
Achtsamkeit und Wertschätzung für kostbares künstlerisches Gut durchweg hoher Qualität lehrt das diesjährige Kunstenfestivalsdesarts. Das Programm ist international und legt gleichzeitig einen Fokus auf belgische Künstlerinnen und Künstler, es bindet die Brüsseler Stadtlandschaft auf einzigartige Weise ein. Unter dem Motto „The Time We Share“ feiert das Festival mit seiner 20. Ausgabe nichts Geringeres als Zeitgenossenschaft, die darauf beruht, dass wir zwar nicht alle denselben Raum, aber dieselbe Zeit teilen. Und gibt, vermittelt durch die vielfältigen künstlerischen Positionen, zu bedenken, dass eine der zentralen gesellschaftlichen Aufgaben für ein stabiles Miteinander darin besteht, Diversität anzuerkennen, Raum für tolerantes, gemeinsames Mit-Teilen zu schaffen und Multiperspektivität nicht zu beschneiden, sondern zu feiern.
Bereits der Eröffnung gelingt es, dies nicht zu einem...