Das Theater der Folter wirkt vertraut. Über einer hölzernen Bühne spannt sich ein schlichtes Portal. Sogar eine Hinterbühne ist zu sehen, für Auftritte und Abtritte, für Requisiten. Es ist ein Theaterraum, wie jeder ihn kennt. Eine Architektur, die sich sogleich mit Bildern füllt: mit Schauspielern, Kostümen, Zuschauern, der Stille vor dem ersten Satz, der Anarchie eines wilden Spiels. Celopek. So heißt der Ort, um den es hier geht. Das Theater ist längst zerstört, aber es könnte so ausgesehen haben wie dieses: himmelblau wie die Hoffnung. Nun ist es nur mehr eine Randnotiz im Netz. Celopek, ein Dorf in Bosnien-Herzegowina, in dem sich während des Bosnienkriegs ein Gefängnis befand, heißt es bei Wikipedia lapidar. Erst eine Fußnote verlinkt einen auf das Grauen.
Branislav Jakovljevic sitzt vornübergebeugt über seinem Manuskript und liest. Es ist ein Lesen, ruhig und konzentriert, das auch im Bühnenraum des Volkstheaters Wien, in dem das „Theater während der Jugoslawienkriege“ wiederaufersteht, Bilder kreiert. Bilder von einer Fahrt zurück. Nach Serbien. Und in die Republik Srpska, diesen Staat im Staatsgebilde Bosnien-Herzegowina, 1995 im Abkommen von Dayton anerkannt. Vor allem aber sind es Bilder aus Celopek.
Ein Zeitsprung ins Jahr 1992. Im Zuschauerraum des Theaters drängen sich 150 bosnische Männer. Immer...