Theater der Zeit

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Alle Brücken abbrechen – in die Dorfkneipe gehen – Bier trinken – abwarten

Über die Arbeit eines Dokumentarfilmers als besondere Form der Annäherung an seine Protagonist*innen. Welche Einsichten sind aus einem radikalen Sich-Aussetzen zu gewinnen?

von Thomas Heise

Erschienen in: Recherchen 166: Dazwischengehen! – Neue Entwürfe für Kunst, Pädagogik und Politik (05/2023)

Vaterland, 2002. Thomas Heise mit Kneipenbesitzer Otti
Vaterland, 2002. Thomas Heise mit Kneipenbesitzer OttiFoto: Deckert Distribution

Um einen Film zu machen, begebe ich mich zusammen mit meinen Protagonisten1 in eine Situation und beobachte, was zwischen und um uns herum passiert. Diesen Vorgang kann ich nicht in irgendeine Richtung lenken, sondern ich schaue, folge dem, was da ist, und reagiere auf das, was im Moment passiert.

1991 habe ich Eisenzeit gedreht. Vier Freunde aus Eisenhüttenstadt, zwei gehen in den Westen, zwei bleiben im Osten und bringen sich um. Es waren auch meine Freunde.

Am Schluss dieses erinnernden Films gibt es ein langes Interview mit Frank, einem der vier, und die Beschreibung seiner Haltung wurde für mich zu einer Art Grundlage für die Art, wie ich Filme wahrscheinlich mache. Franks Vater hatte in den fünfziger Jahren in der Bundesrepublik Leute für die DDR rekrutiert. Das war eine längere Zeit seine Arbeit beim MfS. Zuhause hat er seine Frau und vor allem seinen Sohn Frank terrorisiert. Er steckte ihn ins Erziehungsheim und später kam Frank ins Gefängnis, weil er an eine Autobahnbrücke Keine Macht für Niemand gesprayt hatte. Schließlich wurde er in die Bundesrepublik freigekauft. Er reiste durch die ganze Welt und experimentierte mit Drogen und dann saß er in Kreuzberg.

Frank beschreibt sein Leben so: »Man begibt...

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