International heißt nicht zwangsläufig interkulturell. Migration wird auch im Theater oft nur entlang des öffentlichen Meinungsbildes behandelt. In der 2011 von Wolfgang Schneider herausgegebenen Publikation „Theater und Migration“ gelangt Annett Israel nach Beobachtungen des Umgangs mit Migration und dem Fremden im zeitgenössischen Theater für Kinder und Jugendliche zu diesem Schluss. Nach ihr lassen sich die Produktionen zumeist in drei Bereiche gliedern: Mitleiden (Migranten als Opfer von Krieg und Flucht), Befremden und Zerrissenheit (Migranten auf Identitätssuche) und Verurteilen (Migranten als Opfer gesellschaftlicher Verhältnisse, die sie zu Tätern machen).
Wenn Migration aber Tatsache und dieses Jahrhundert von massiven transkontinentalen Wanderungen geprägt ist, dann bedarf es in vielen Gesellschaften neuer Verhandlungen und eines Perspektivenwechsels, wofür angesichts der Ereignisse der letzten Jahre zurzeit auch viele Stimmen in Deutschland plädieren. Immer wieder werden in vielen gesellschaftlichen Debatten das Bedürfnis nach der Öffnung der eigenen Kultur und die Bereitschaft für eine intensive Auseinandersetzung mit Migrationskulturen diskutiert. Aber noch nicht immer Gegenstand dieser Dialoge ist die Frage danach, inwieweit die Ausgangskulturen auf die von der anderen Kultur generierten Güter oder Modelle zurückgreifen bzw. inwieweit sie sich neben einer Öffnung auch einem Prozess des Aushandelns aussetzen wollen, welcher keinesfalls nur harmonisch verläuft.
Das Theater ist als kreatives Laboratorium...