Politische und Kulturelle Bildung in ländlichen Räumen
Zweiter Akt: Darstellende Kunst mit dem Dorf
von Kristin Westphal
Erschienen in: Poesie, Heimat und Politik – Theater Willy Praml (05/2024)
Assoziationen: Hessen
Das Dorf-Theater als Ort des Erinnerns und der Wahrnehmung des Politischen
So müssen wahrhafte Erinnerungen
viel weniger berichtend verfahren
als genau den Ort bezeichnen,
an dem der Forscher ihrer habhaft wurde.
(Walter Benjamin: Ausgraben und Erinnern)
Grabe, wo Du stehst – hinter dieser programmatischen Aussage, die anlässlich des 80. Geburtstags und 30 Jahre Theaterschaffens an der umkämpften Spielstätte Naxoshalle aufkam, dürfte mehr verborgen sein. Vorreiter war Willy Praml in vielerlei Hinsicht – im Besonderen, wenn es darum geht, mit den Mitteln des Theaters zu graben. Dazu gehört die Entwicklung in den 1980er Jahren, Theater in ländliche Räume zu tragen, Spurensuche zu betreiben, die Themen beziehungsweise Spannungsverhältnisse an den Orten in historischer wie aktueller Perspektive für eine zeitgenössische Theaterarbeit aufzugreifen. Dorftheater trifft Welttheater! Oder anders ausgedrückt: Lokales und – heute würde man sagen – Globales, Stadt und Land, zusammen zu denken, findet hier erste Anfänge in einer Zeit der Umbrüche, wie sie für die Landwirtschaft bereits in den 1950er Jahren einbrach, sich zunehmend verschärfte und im Zuge einer Flurbereinigung Verlust an Autonomie und Mitbestimmung durch Zusammenschließung von Gemeinden, Landflucht und für etliche Zurückgebliebene die Aufgabe von Selbstständigkeit und ein Pendler-Dasein zur Folge hatte.
Willy Praml gehört zu jenen Theatermacher*innen, die Historisches,...