Herr Wilson, Sie haben aus Bildern, Sprache und Sound eine ästhetische Struktur entwickelt, die sehr suggestiv wirkt, auch Zustände von Trance hervorruft. Ist es Ihr Motiv, solche Veränderungen des Bewusstseins hervorzurufen?
Die Zeit des Theaters ist für mich eine sehr plastische Angelegenheit. Sie lässt sich dehnen, kann aber auch komprimiert werden. Die Zeit im Theater funktioniert anders als die natürliche Zeit. In „Einstein on the Beach“ gibt es zum Beispiel lange Passagen, die sich sehr viel Zeit nehmen für die Dinge, die dort passieren, und dann gibt es Momente, in denen etwas sehr plötzlich und schnell vonstattengeht, wie in den beiden Tanzabschnitten. Dieser Umgang mit Zeit, Raum und Licht kann tatsächlich unsere Wahrnehmung verändern.
In der Tat bewegen uns diese Effekte. Dieses Etwas, das sich mitunter kaum beschreiben lässt und dem keine offensichtliche Bedeutung innewohnen muss, berührt uns zutiefst. Dieses Phänomen stellen Sie in das Zentrum Ihrer künstlerischen Arbeit.
Musik- und Lichteffekte besitzen eine spirituelle Dimension. Ich werde vom Sonnenuntergang ergriffen, ohne dass er etwas bedeutet. Ich kann dem Vogelgezwitscher lauschen, zum Beispiel dem Gesang einer Nachtigall, und bin berührt. Wir machen diese Erfahrungen, ohne dass sie eine Nachricht für uns beinhalten. Es ist etwas, was wir erleben. Erleben ist...