Oper
Erste Voraussetzung zur Opernregie
von Ernst Legal
Erschienen in: Theater der Zeit: Stoff, Inhalt, Form (08/1946)
Assoziationen: Musiktheater Staatsoper Berlin
Für den Mann der Praxis wird es immer mißlich sein, die Vorstellung von der Eigengesetzlichkeit jedes ein- sich theoretisch über seine Tätigkeit zu äußern. Er ist in erster Linie dazu da, zu erfüllen, und diese Forderung wird man ihm mit Recht immer entgegenhalten, wenn seine Theorien der Leistung zu weit vorauseilen. Deshalb scheut er meist vor Äußerungen dieser Art zu- rück oder aber, er wird verwundert und ein wenig geringschätzig lächeln, wenn an ihn die Aufforderung ergeht, sich wie ein Schriftgelehrter über das vernehmen zu lassen, was ihm selbstverständliche und mehr oder weniger unbewusste Lebensäußerung ist. Und so ist die Furcht und die Hemmung vor dem Theoretischen ganz besonders der Haltung des Bühnenschaffenden angeboren, weil bei ihm allzu deutlich und allzu leicht die Diskrepanz zwischen Wollen und Tun nachgewiesen werden kann; aber es wäre ein großer Irrtum, an- .nehmen zu wollen, daß das Wie und das Was des Bühnengeschehens von den Beteiligten nicht immer und immer wieder gedanklich aufgefaßt und durchgesiebt würde. Freilich in keineswegs akademischer Weise. Und deshalb besteht, wie fast nirgendwo anders, eine so klaffende Lücke zwischen den trockenen Analysen gewisser dramaturgischer und regielicher Bücher, die, wenn sie je praktisch Geltung hatten, im Handumdrehen veralten, und zwischen den...