„Der Nationalsozialismus war in Österreich 1945 nicht zu Ende. Im Gegenteil. Er lebte weiter.“ Im esc medien kunst labor steht der Umfragen zufolge wichtigste Komponist der Gegenwart und trägt seinen „Monolog für Graz“ vor – einen sehr persönlichen, politischen Text, den das New Yorker Ensemble Talea in sprechende Klänge übersetzt. Mikrotonalität ist die wesentlichste Charakteristik der Musik von Georg Friedrich Haas – doch in seiner Rede regieren keine Zwischentöne. Haas ist ein Nachkomme von Angehörigen der Nazi-Elite, seine Abrechnung ist radikal und radikal subjektiv. Dennoch trifft er mit dieser Fortsetzung seiner letztjährigen Festrede zum 50. Jubiläum des Festivals den Kern der diesjährigen Dramaturgie des steirischen herbstes: Unter dem Titel „Volksfronten“ stellt sich die neue Intendantin Ekaterina Degot konsequent gegen rechts, insbesondere gegen das Erbe des Nationalsozialismus. Am Grazer Hauptplatz ist ein Container zur Entsorgung von NS-Relikten aufgestellt: Yoshinori Niwa garantiert mit seiner Installation „Withdrawing Adolf Hitler from a Private Space“, dass alles, was die Grazer dort deponieren, vernichtet wird. Am Dach der Arbeiterkammer verkündet die ZIP group mit einem monumentalen Schriftzug „Smrt fašizmu, sloboda narodu“ (Tod dem Faschismus, Freiheit für das Volk) – eine jugoslawische Partisanenparole aus den 1930er Jahren.
Der öffentliche Raum wird intensiv bespielt, auch als Versuch, Unbeteiligte...