„Theaterbedeutung ist mir nicht ganz klar. Es gibt ja Theater für die Hummerfresserfraktion, fürs Feuilleton und für die Diskussionsfreudigen“, wusste Christoph Schlingensief 1994 im Interview auf die Frage zu antworten, warum er nun am Theater arbeite. Schlingensief, zeitlebens als Provokateur gebrandmarkt (oder geadelt), wusste auch beim gesprochenen Wort zuzuspitzen und möglicherweise auf einfallslose Fragen überraschende Antworten zu geben.
Gut dreißig Interviews, entstanden zwischen 1984 und 2010, sind nun, zehn Jahre nach dem frühen Krebstod des Universalkünstlers, im Verlag Kiepenheuer & Witsch als Buch unter dem Titel „Kein falsches Wort jetzt“ erschienen – wenngleich die Auswahl nicht erklärt wird. Schlingensiefs Witwe, die Bühnenbildnerin Aino Laberenz, findet einleitende Worte für den Band; Diedrich Diederichsen, der das Nachwort beigesteuert hat, legt die eine oder andere Fährte, welche roten Linien sich im Interviewdschungel erkennen lassen, und macht etwa auf die – vielleicht unterschätzte – Bedeutung der (Opern-)Musik bereits im Schlingensief’schen Frühwerk aufmerksam.
Nicht weniger interessant sind aber die Brüche und Widersprüche. Nicht nur die bereits oft attestierte Milde, die mit der Diagnose Krebs einhergeht, fällt ins Auge. Schlingensief konnte über einige zeitliche Distanz ein und dieselbe Arbeit als besonders ironisch oder ironiefrei deklarieren. Auch das hat durchaus Unterhaltungswert bei der Lektüre. Während er in...