Wie kommt Faust nach Rudolstadt? Vermutlich mit der Eisenbahn. Da steht er dann allerdings am Bahnhof vor dem Stationsschild „Schillerstadt“. Was so viel heißt wie: Besetzt. Mach, dass du weiter kommst! Schon wieder ist der Konkurrent, den man vorsichtshalber Freund nennt, vor einem da, mitsamt seinem penetrant universalen Idealismus. Was also tun – schnell weiterfahren? Das wäre feige.
Dies hier ist die Provinz, die darauf wartet, vom Geist erweckt zu werden, aber vom richtigen, also vom eigenen. Aussteigen, hier und jetzt! – Hat es sich so zugetragen? Von Goethe wissen wir es nicht, er kam – knapp, aber erwiesenermaßen – nicht über die Postkutsche als Verkehrsmittel hinaus. Und als Steffen Mensching ankam, nicht nur (aber auch), um den Faust zu spielen, und, wie Goethe andernorts, in dieser Stadt ein kleines, aber feines Theater zu leiten? „Wenn man anfängt, weiß man nicht, wie lange es dauert“, sagt Steffen Mensching. Wir sitzen in seinem Büro im Schminkkasten, der Miniaturausgabe eines klassizistischen Gebäudes. Er sagt nicht: Zum Glück wisse man das nicht. Das wäre nicht nur unhöflich einer kleinen Stadt gegenüber, die von ihren 30 000 Vorwende-Einwohnern inzwischen mehr als zwanzig Prozent verloren hat, es stimmte wohl auch nicht. Unzufrieden wirkt Mensching keineswegs....