Die Entwicklungsprobe
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Hier schlägt der Regisseur vor. Er beruft sich auf den Stand von gestern und bringt Entwicklungen mit für heute. Er ist vorbereitet. Er ist mit dem Bisherigen umgegangen und setzt Akzente, die eine Wiederholung interessant, vielleicht anders machen. Der Spieler erfährt neue Möglichkeiten im schon Bekannten. Das geschieht zumeist durch das intensive Entwickeln der einzelnen Ausdrucksmittel, die zuerst nur Vorschläge waren, jetzt aber ausgewählte Gestaltungsmittel werden sollen.
Ein Beispiel:
Der Darsteller hat eine gewisse „Hast“ vorgeschlagen. Damit dies nicht nur ein „Schnellsein“ ist, was es im ersten Vorschlag noch war, wird man jetzt am Wesen der „Hast“ probieren: Das Vermeiden jeglicher Pausen. Auch der Atempausen. Auch der Denkpausen. Welche Folgen hat das für den Dialog, überhaupt für die Partnerschaft? Da entstehen Probleme, sogar Konflikte. Was macht die Sprache? Sie wehrt sich, indem sie unverständlich wird. Die Hast „hetzt“! Braucht man diese Hast? Oder eine andere?
Was ist das für einer, der da hastet? Ist das seine Grundhaltung?
Was macht der Körper? Hastet der auch? Oder nur ein Teil von ihm?
Hastet er innerlich oder nur äußerlich?
Mit Erfolg oder zu seinem Schaden?
Bleibt die Hast personengebunden oder wuchert sie aus?
Wo ist der Höhepunkt von Hast, und was wird danach...