Eine Einführung
von Verena Lehmkuhl und Amalia Kassai
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Chile (09/2023)
Das Goethe-Institut Chile ermöglicht seit mehr als siebzig Jahren den Austausch zwischen chilenischen und deutschen Theater- und Tanzschaffenden und Kooperationen im Bereich der Darstellenden Künste. Dieser interkulturelle Austausch unterstützt gleichermaßen aufstrebende und etablierte Künstler:innen der jeweiligen Szenen beider Länder und bietet insbesondere denjenigen Kulturschaffenden, die sich der zeitgenössischen Kunst verschrieben haben, eine Bühne.
Dieses Spezial erscheint in dem Jahr, in dem sich der Staatsstreich gegen die demokratisch gewählte Regierung Salvador Allendes zum fünfzigsten Mal jährt. Es ist auch das Jahr, in dem in einem zweiten Anlauf die Verfassung erarbeitet werden soll, die die nach wie vor geltende aus den traumatischen Zeiten der Diktatur Pinochets ablöst und ersetzt. Ein erster Entwurf, der die progressiven Forderungen der an den sozialen Protesten von 2019 Beteiligten besonders berücksichtigte, fand in einem Plebiszit keine mehrheitliche Zustimmung. So befindet sich Chile akut in einem Moment, in dem Fragen nach Gerechtigkeit sowohl hinsichtlich der Aufarbeitung der Verbrechen der Vergangenheit als auch die Visionen für die Zukunft des Landes betreffend kontrovers diskutiert werden. Angesichts einer polarisierten wie postpandemischen Gesellschaft sind sich die an der Entstehung dieser Sonderausgabe mitwirkenden Protagonist:innen einig, dass sowohl der historische Kontext als auch die politische Gegenwart eine in gemeinsamer Diskussion erarbeitete „Bestandsaufnahme“ und Analyse...