Natürlich ist die Welt aus den Fugen, das ist sie ohnehin. Fragt sich nur, wann man es bemerkt. Immer zu spät?
Heinrich Faust ist so ein Spätmerker. Er weiß viel, auch dass er immer das, was er für sein Leben wissen müsste, nicht weiß, scheint ihm nicht neu. Er ist schließlich ein intellektueller Außenseiter, der auf seine akademischen Kollegen wie den beflissenen Wagner nur voller Ironie herabblickt. Trotzdem hilft ihm all sein Wissen nicht, wenn es um die Liebe zu Margarete geht, die man gemeinhin im Deminutiv nur als Gretchen anspricht. Ein „unschuldig Ding“, wie es bei Goethe heißt – solange, bis sie den alternden, also rücksichtslos nach Lebensfrische gierenden Faust trifft. Oder geht alles, was mit Schuldigwerden zu tun hat, auf das Konto des smarten Teufels, diesem Verführer zur Negativität? Eigentlich sind wir schon mittendrin in unserer Gegenwart.
Im Schweriner Intendantenbüro treffe ich Lars Tietje, den Nachfolger von Joachim Kümmritz, der, nach einem halben Menschenalter am Mecklenburgischen Staatstheater, weitergezogen ist nach Rostock ans Volkstheater und nebenbei noch die Theater in Neustrelitz und Neubrandenburg leitet. Die Zentralisierung der Mecklenburg-Vorpommerschen Theaterlandschaft (das SPD-Konzept der beiden „Kulturkooperationsräume“) mittels Fusionen schreitet offenbar unaufhaltsam voran. Auch Tietje ist nicht nur Intendant des Mecklenburgischen Staatstheaters...