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Film: Zeit der Gauner
von Ralf Schenk
Erschienen in: Theater der Zeit: Für eine kurze, lange Minute – Die Schauspielerin Valery Tscheplanowa (05/2014)
Mehr als 400 Kinopremieren im Jahr, darunter rund 150 neue deutsche Spiel- und Dokumentarfilme: Dieses inflationäre Angebot, das weder für die Filme noch für die Zuschauer gut ist, bringt es mit sich, dass spannende, dem Mainstream aber nicht verpflichtete Arbeiten oft hoffnungslos untergehen. Dieses Schicksal könnte, wenn es schlecht geht, auch zwei Produktionen blühen, die diesen Monat von engagierten Kleinverleihern ins Kino gebracht werden, ohne dass dafür die große Werbetrommel gerührt werden kann. Umso mehr seien sie den Lesern hier ans Herz gelegt.
Da ist Benjamin Heisenbergs Über-Ich und Du, die Odyssee eines kleinen Gauners, der seinen Schulden und den schlagkräftigen Verfolgern entfliehen will und ausgerechnet in die Landvilla eines alten, an den Abgründen der Senilität balancierenden Psychologieprofessors gerät. Das sozial und mental höchst ungleiche Paar, gespielt von Georg Friedrich und André Wilms, kämpft sich durch absurde Situationen und geistvolle Wortspiele, die den Film in die Nähe der surrealen Grotesken eines Herbert Achternbusch und der traurigmakabren Komödien eines Aki Kaurismäki rücken. Mag sein, dass „Über-Ich und Du“ fürs ganz große Komödienereignis noch zu viel Kopfgeburt ist und zu wenig aus dem Bauch kommt: Aber ein eigenwilliger Solitär im deutschen Kino ist Heisenbergs Film allemal.
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