Theater der Zeit

Stück

Das Stück der Stunde

Bertolt Brechts „Die Rundköpfe und die Spitzköpfe“ gelesen als politisches und philosophisches Programm eines Durchbruchs zum Realen

von Jakob Hayner

Erschienen in: Theater der Zeit: Nino Haratischwili: Fürchtet den Frieden (10/2018)

Assoziationen: Dramatik

„Der Faschismus versucht, die neu entstandenen proletarisierten Massen zu organisieren, ohne die Eigentumsverhältnisse, auf deren Beseitigung sie hindrängen, anzutasten. Er sieht sein Heil darin, die Massen zu ihrem Ausdruck (beileibe nicht zu ihrem Recht) kommen zu lassen. Die Massen haben ein Recht auf Veränderung der Eigentumsverhältnisse; der Faschismus sucht ihnen einen Ausdruck in deren Konservierung zu geben. Der Faschismus läuft folgerecht auf eine Ästhetisierung des politischen Lebens hinaus.“
Walter Benjamin

Brecht hat man oft als großen Vereinfacher gescholten. Das war vor allem immer dann wenig wohlwollend gemeint, wenn die Verhältnisse selbst mit dem Schleier einer undurchdringbaren diffusen Komplexität versehen wurden. Einfaches gilt als verdächtig, wobei nichts so einfach ist wie der immer wiederkehrende Verweis auf die abstrakte Uneinfachheit der Dinge. Brecht aber hat konkret gedacht. Statt Komplexität war er an Widersprüchen interessiert, und Widersprüche sind konkret, nicht diffus. Widersprüche haben eine Form, und das macht sie darstellbar. Die Wahrheit ist stets konkret, dieser Wahlspruch zierte einen Dachbalken von Brechts Arbeitszimmer im dänischen Exil. Wenn Brecht vereinfachte, dann um die Welt erkennbar zu machen. Und wenn das mit einfachen Mitteln möglich ist, spricht das nicht gegen die Mittel. Vor allem nicht, wenn Deutlichkeit nötig ist.

„Die Rundköpfe und die Spitzköpfe oder...

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