Magazin
Die Suche nach dem Gemeinsamen
Theaterorte des Möglichen und ihre Raumpolitiken
von Theresa Schütz
Erschienen in: Theater der Zeit: Theater & Erinnerung – Gedächtnistheater – Wie die Vergangenheit spielt (05/2023)
Assoziationen: Freie Szene Buchrezensionen
Inwieweit hat Theater als institutionelle, soziale und auch ästhetische Praxis an einer gegenwärtig wieder dringlicher werdenden Suche nach alternativen und zukunftsfähigen Formen des Zusammenlebens Anteil? Es ist diese große Leitfrage, die die Theaterwissenschaftlerin Laura Strack in ihrer Studie „farsi comune. Topographien prekärer Theaterorte im Europa der Gegenwart“ beschäftigt. Die Autorin versammelt sechs konkrete Theaterorte, an denen sich diese Suchprozesse exemplarisch auffinden und analysieren lassen: das transdisziplinäre Kulturhaus L’ Asilo in Neapel, das Tårnby Torv Festival am südlichen Stadtrand Kopenhagens, das Warschauer Teatr Powszechny, der zeitgenössische Kunstort Kino Kultura in Skopje, die Kreuzberger Freie-Szene-Spielstätte Vierte Welt in Berlin sowie eine Reihe theatral-performativer Ortsbesetzungen in Athen – allesamt zwischen 2010 und 2020 aus singulären, informellen Konstellationen hervorgegangen.
Das Buch gliedert sich in drei Teile und navigiert zwischen Theaterwissenschaft, politischer Theorie und Philosophie – vornehmlich französischer, poststrukturalistischer Provenienz (Gilles Deleuze, Félix Guattari und Judith Revel sind einige der wiederkehrenden, begriffsspendenden Denker:innen). Zuerst erläutert Strack sehr bündig und nachvollziehbar die mehrdeutigen Dimensionen ihrer zentralen Begriffe Topografie, Prekarität und „farsi comune“. (Letzterer adressiert aus dem Italienischen kommend den Prozess des kommun-Werdens, im Sinne einer Gemeinde, Gemeinschaft oder Institution.) Hieraus wird deutlich, dass sie einem postfundamentalistisches Verständnis von Gemeinschaft folgt und mittels Theorien der Relationalität (von...