Ein sicheres Netz bietet Europa nicht mehr. Für das Autorenprojekt „Identität Europa“ hat Bühnenbildner Alexander Grüner deshalb einen Raum geschaffen, der die traurigen Überbleibsel des politischen Konstrukts auf dem zerrissenen Kontinent zeigt: Die Bühne ist eingegrenzt von Zäunen, die mit dehnbaren Bändern kreuz und quer verstrebt sind wie abstrakter Maschendraht. Acht Autorinnen und Autoren – aus Deutschland, Estland, Kroatien, Liechtenstein, Luxemburg, Rumänien/Ungarn, der Schweiz und Spanien – hat Thomas Spieckermann, der Intendant des TAK Liechtenstein, für das Projekt gewonnen, das als Koproduktion mit dem Nationaltheater Weimar und Les Théâtres de la Ville de Luxembourg den Blick auch auf landesspezifische Gegensätze lenkt. Unterschiedlicher könnten die Blickwinkel der 15-minütigen Texte kaum sein.
Auf eine inhaltliche Klammer haben die Regisseure Katrin Hilbe und Rafael D. Kohn verzichtet. Gerade das vergrößert die Gräben. Ein Ebenbild der Helvetia schickt die Schweizer Autorin Rebecca C. Schnyder auf die Bühne. Ihren Monolog „Liebe Europa“ setzte die liechtensteinische Regisseurin Hilbe in Szene. Als Braut stolpert Thomas Beck herein. Klug meißelt der Schauspieler die Sehnsucht des Landes nach Eigenständigkeit im europäischen Kontext heraus, die hier als Beziehungsdrama abläuft. Schnyder schürft tief in Angstträumen ihrer Landsleute. Diese Tiefenschichten fördert Beck schön zutage. Kühl und distanziert geht er zu dem weiblichen...