Manche Vorkommnisse aus dem wahren Leben muten an wie ein Märchen. Der Schauspieler André Kaczmarczyk, gar nicht als Schatzgräber unterwegs, sondern schlechterdings auf dem Weg zur Theaterprobe, entdeckte eines Novemberabends neben der Bühnenpforte des Düsseldorfer Schauspielhauses, einem notorisch unwirtlichen Ort, in einem Müllcontainer entsorgtes Material aus einem vergangenen Jahrhundert. Der zunächst eher neugierige als glückliche Finder kramte ein bisschen in den Abfällen herum, förderte seltsam lange, verworrene Bänder zutage, und siehe da, heraus kam ein kleiner Schatz, der bei näherer Betrachtung für den Liebhaber durchaus Gold wert war: alte Magnettonbänder, die in digitalen Zeiten nicht mehr gebraucht wurden; Mitschnitte von Proben, Aufführungen, Matineen, Interviews, ein Ton- und Geräuscharchiv der heimlich-unheimlichen Art.
Corona spendete überflüssige Zeit, und einen nicht so kleinen Teil davon verbrachte Kaczmarczyk damit, nicht etwa alte Aufführungen zu streamen, sondern die Bänder abzuhören und, mit Hilfe der Dramaturgin Janine Ortiz, einen Podcast zu fabrizieren, dem die beiden den Titel gaben: „Lost & Sound“. Folge eins, zwei, drei, vier …, zu hören auf der Website des Schauspielhauses. Manches davon eher kurios, anderes hoch spannend – wie etwa der Mitschnitt einer „Emilia Galotti“ von Anfang der Neunziger, deren Regisseur Werner Schroeter sich vorgenommen hatte, das tränenreiche Stück dergestalt mit Tempo...