Eigentlich geht es Bautzen gut. Die Stadt ist nicht arm, seit fast tausend Jahren lebt man hier bikulturell mit der Minderheit der Sorben zusammen (auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich ist ein gebürtiger Sorbe) – und trotzdem geistert die Stadt als Synonym für Fremdenfeindlichkeit durch die Medien. Wie kann das sein?
Im Grunde hat Bautzen die gleichen Probleme wie Berlin oder das Ruhrgebiet. In Großstädten und Ballungsräumen vollzieht sich längst ein Strukturwandel. Die Globalisierung hat Deutschland einerseits zum Exportweltmeister gemacht mit gigantischen Gewinnen. Das finden die meisten im Allgemeinen nicht schlecht, im besonderen Fall dann aber doch. Denn die Kehrseite davon ist, dass das Land selbst immer internationaler wird. Die immer noch kiezige Weltstadt Berlin erfährt es gerade in aller Ambivalenz. Plötzlich weiß, wer nachts mit der S-Bahn fährt, wie es den Venezianern seit Jahrhunderten geht, wenn sich tagtäglich ein Strom von Fremden über die Stadt ergießt. Die Venezianer waren jedoch schon immer weltläufig genug, das nicht bloß als Ärgernis zu sehen, sondern als Motor der eigenen Entwicklung. Man kann nicht sagen, dass sie jemals Opfer der dort massenhaft ankommenden Fremden waren (vom Eroberer Napoleon mal abgesehen). Natürlich ist es nicht angenehm, sich regelmäßig in Gruppen von angetrunkenen partywütigen jungen Spaniern...