4. Monaden
von Sebastian Kirsch
Erschienen in: Das Reale der Perspektive – Der Barock, die Lacan’sche Psychoanalyse und das ‚Untote‘ in der Kultur (07/2013)
All diese Überlegungen entspringen letztlich dem philosophischen System der »Monadologie«, mit dem Leibniz eine völlig neuartige Antwort auf das Problem der kleinsten substantiellen Einheit gibt. Denn die Monade, die man im Gegensatz zu Atom und Korpuskel in den paradoxen Begriff einer »dynamischen Substanz« kleiden könnte, hat genau dieselben Eigenschaften, die Leibniz dem Moment gibt: ein Punkt ohne Ausdehnung, der in sich jedoch das gesamte Universum enthält und insofern unendlich ist.
Leibniz erklärt die Monade nun nicht nur zum basalen Element aller Dinge (§3), sondern auch zum Modell jedes einzelnen Dinges im Universum wie des Universums selbst. Ein weiteres mal stößt man hier also auf eine selbstähnlich verschlungene Konstruktion: In jeder einzelnen Monade sind alle anderen enthalten, die alle wiederum diese eine Monade enthalten. Jede noch so geringe Änderung in einer Monade drückt sich darum in allen anderen aus, die ihrerseits auf die erste zurückwirken. Von diesem wechselseitigen Verhältnis leitet Leibniz noch einmal seine Vorstellung eines organischen Spiegeluniversums ab: Die Monade ist »ein lebendiger, immerwährender Spiegel des Universums« (§56).69
Mit einer seiner bekanntesten Formulierungen bestimmt Leibniz’ die Monade als fenster- und türenlosen Innenraum (§7). Sie ist ein Dunkelraum, der nicht kausal bzw. physikalisch von außen beeinflusst werden kann (§11/§51). Stattdessen ändert...