In seiner Betrachtung des „Performativen“ in der Oper geht Clemens Risi von der Wahrnehmung der phänomenalen Leiblichkeit, der phänomenalen Stimme der Sänger aus, kurz: von der Materialität der Ereignisse im Theater. Dazu gehört insbesondere auch der Kontakt zwischen den Darstellern und den Zuschauern, die ihr wirkliches leibliches Erleben in der Zeit und im Raum der Aufführung teilen.
Die Wahrnehmung dieser Phänomene steht einer auf einen Sinn gerichteten Deutung des Gesehenen gegenüber, die sonst in der Theaterwissenschaft und der Kritik dominiert. Zwischen diesen beiden Polen – dem semiotischen Lesen und dem performativen Erleben – kann die Wahrnehmung oszillieren. Auf dieses Oszillieren konzentriert sich Clemens Risis Aufführungsanalyse. Das völlig Subjektive der Betrachtung ist dabei immer mitgedacht. So wird das Erleben von Opernaufführungen als Ereignis in den Blick genommen. In der Oper findet das Performative in diesem Sinne ein besonders ergiebiges Feld, da hier das Erleben durch das Ereignis des Gesangs und die Fülle der anderen Eindrücke sehr gefordert ist.
Der Begriff des Performativen wird von Clemens Risi aus seiner Geschichte heraus entwickelt: sein Ursprung in der Sprachwissenschaft bei John Austin als Definition eines spezifischen Sprachmodus, in dem „etwas sagen, auch etwas tun“ bedeutet, seine Weiterentwicklung in der Theorie der Konstruiertheit...