Hakenschlagender Wind, hügelige Wüstenlandschaft, grell-staubiger Nachmittag. Eine Landschaft, in der trotz eines enormen kulturellen Reichtums noch kein Vielvölkerstaat gewachsen ist. Der Schauspieler Nicola Zreineh unterbricht meine Gedanken. Er stupst mich an und zeigt auf die Ziegen der Beduinen. Wie lang die hier schon wohnen, frag ich. Achselzucken. Wir fahren in einem als Taxi gekennzeichneten VW-Bus, Bühnenbild und Requisiten auf dem Dach, auf der Straße nach Nablus und umkreisen Jerusalem von östlicher Seite, immer entlang der Mauer. Issam Rishmawi, Mitbegründer und Cheftechniker des Al-Harah-Theaters in Bait Dschala, einer Stadt zehn Kilometer südlich von Jerusalem und zwei Kilometer südlich von Bethlehem, dreht die Musik lauter und beginnt zu klatschen. „Ana illi Alaiki mishtak …“ (Ich bin der Letzte, der dich immer lieben wird …), versuche ich mitzusingen. Die Schauspielerin Mirna Sakhleh neben mir kommentiert den Versuch, und Gelächter schallt über mich herein; man reicht mir Teigwaren aus Sesam mit Falafel und Kaffee. Als skeptischer Deutscher von so viel guter Laune und freundschaftlicher Stimmung umgeben, beäuge ich misstrauisch den gutherzigen Humor meiner palästinensischen Theaterkollegen.
Atta Nasser passiert den Checkpoint zwischen Jerusalem und der jüdischen Siedlung Ma’ale Adumim zu Fuß und springt in unseren Bus. Er ist einer der wenigen Palästinenser, die „drüben“ wohnen....