Abschied
Der geschlossene Raum: Wir sehen nüscht
von Henry Hübchen
Erschienen in: Theater der Zeit: Fuck off (09/2015)
Assoziationen: Akteure
Die Proben beginnen, und Bert ist da. Er ist nicht nur da, er ist schon fertig. Das Bühnenbild ist fertig, die Probendekoration perfekt markiert, Kostümvarianten aus den Secondhands der Stadt hängen bereit.
Das Kostüm tangiert meine Arbeit am stärksten. Ich habe mich immer verlassen auf seine Stilsicherheit, auf seine Kostümkunst. Er hat mich zwar genervt mit den immer zu engen Hemden, die die seit Jahren immer markanter werdenden Fleischwülste des Körpers perfekt abbilden. Bert hatte eine regelrechte Lust, mir immer wieder so ein Hemd zu verpassen. Aber irgendwann habe ich seine Lust geteilt und kann ohne zu enge Hemden gar nicht mehr leben.
Nur der Kimono aus „Der Meister und Margarita“ wurde nie mein Freund. Ohne Hosen auf einer Bühne zu stehen, ist kein gutes Gefühl. „Du siehst toll aus“, höre ich ihn immer noch sagen. Aber mein Körpergefühl war nicht das eines Teufels, sondern das eines Mannes ohne Hosen. Da half auch die Unterhose von Schiesser nicht viel. Bert stand da – smart, gut aussehend, mit langen Koteletten wie Willy DeVille oder ohne, mal mit Oberlippenbärtchen, mal ohne, Haare lang oder kurz – und kicherte in sich hinein.
Der wahre Frauentyp, aber ohne typische Frauengeschichten. Ich kenne jedenfalls keine....