Was macht das Theater?
Was macht das Theater, Philippe Quesne?
von Philippe Quesne und Jean-Marc Diébold
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Frankreich (10/2017)
Assoziationen: Europa Debatte Dossier: Was macht das Theater...?
Philippe Quesne, kann die Kunst die französische Gesellschaft versöhnen, deren Spaltung sich seit dem Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo massiv vertieft hat?
In den letzten Jahren, seitdem in Frankreich dieser bedrückende und absurde Ausnahmezustand und diese Atmosphäre der absoluten Unsicherheit herrschen, haben die Theater eine neue Aufgabe bekommen, scheint mir. Mehr denn je sind sie Orte, an denen sich Menschen versammeln, unterschiedliche Bevölkerungsgruppen einander begegnen, Orte, an denen Austausch und wirkliche Auseinandersetzung stattfinden können, aber auch Feste. Aber die Kunst kann die Gesellschaft nicht vor dem Riss retten, der sie durchzieht. Die Rolle der Künstler ist es eher, wach zu bleiben und wachzurütteln, andere Wege und Perspektiven auf die Welt anzubieten, weiterhin an die Macht der Poesie zu glauben, um das Leben auf der Erde neu zu betrachten – ohne zu vergessen, dies mit den Zuschauer- Menschen zu teilen. Das Theater war schon immer eine Kunst, die sich dank der unmittelbaren metaphorischen oder ästhetischen Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen oder politischen Problematiken, Konflikten oder Kriegen, ständig neu erfunden hat. Im Theater ist es manchmal möglich, an ein „Zusammen-Leben“ zu glauben. Wenigstens für die Dauer einer Aufführung ...
Die zeitgenössischen Theaterautoren beklagen sich, zu Recht wie mir scheint, darüber, dass sie...