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Film: Die Armee der Hunde
von Ralf Schenk
Erschienen in: Theater der Zeit: Jürgen Holtz – Schauspieler und Scharfdenker (04/2015)
Der ungarische Theater- und Filmregisseur Kornél Mundruczó setzt seinem sechsten Spielfilm, Underdog, ein Zitat von Rainer Maria Rilke voran: „Vielleicht ist alles Schreckliche im tiefsten Grunde das Hilflose, das von uns Hilfe will.“ Wie jeder gute Film, so erzählt auch dieser von dem, was wir als schillernde Oberfläche wahrnehmen, und zugleich von etwas anderem. Der Horror, der sich vor unserem Auge entfaltet, meint auch das Böse in uns selbst. Das Schlussbild mahnt jene Einkehr und Barmherzigkeit an, die unserem Alltag längst ausgetrieben scheinen.
„Underdog“ ist ein Film von Menschen und Tieren. Mundruczó entwirft das Bild einer künftigen, gar nicht fernen Gesellschaft, in der bloß noch Rassehunde geduldet, Mischlinge aber mit hohen Steuern belegt, ausgesetzt, verfolgt und getötet werden. Ein verstoßenes Tier wird zum Kampfhund getrimmt, es wird mit der Peitsche gefügig gemacht, zum Hass erzogen. Irgendwann kommt es frei, sammelt andere um sich, greift die Menschen an, ein wohlorganisierter Kampftrupp. Die gedemütigte Kreatur schlägt zurück. Mit offenem Ausgang.
Zwar ist der Film insgesamt ein wenig schlicht konstruiert, doch angesichts der Misere des ungarischen Kinos, das seit Viktor Orbáns Amtsantritt auf seichte Massenware setzt, scheint mir „Underdog“ als Hoffnungszeichen für eine Filmkunst, die auf politisch-moralische Diskurse nicht verzichten will, wichtig und...