Eine Knochenmühle
von Anke Stoppa
Erschienen in: 70 Jahre Zukunft – Theater der Jungen Welt Leipzig (03/2017)
Assoziationen: Theater der Jungen Welt
»Eine Knochenmühle«, haben sie zu uns auf der Hochschule gesagt, »Ein Kinder- und Jugendtheater ist eine Knochenmühle.« Stimmt. Dafür spielst du Hauptrollen, statt nur den dritten Baum von links. Das übt. Als Nichtmehrganzanfängerin kam ich an das Theater der Jungen Welt Leipzig, spielte und spielte und erfuhr (mehrmals), dass man von den Brettern, die einem die Welt bedeuten (man verzeihe mir dieses überstrapazierte Bild, aber es passt), auch runterfallen kann, so dass es weh tut. Aber woran erinnere ich mich am deutlichsten, was hebt dieses Theater in meinem Gedächtnis von anderen ab? Die Straßenbahn, die gefühlt direkt über die Bühne rattert? Der Szenenapplaus, nachdem ich aufgab, die Fassung zu bewahren, weil das Luftmatratzen-Bett während einer Vorstellung von »Die zertanzten Schuhe« geplatzt war? Oder als ich während einer Probe zu »Schneewittchen lebt!« unfreiwillig in die Zwergenhöhle gestürzt war und die Regieassistenz als Ersthelferin gemäß dem Stücktitel rief: »Sie lebt!«?
Nein, es ist das Publikum: Denn während man in Erwachsenentheatern wohl größtenteils davon ausgehen kann, dass die Zuschauer gekommen sind, weil sie das auch wollten oder wenigstens geschenkt bekommen haben, trifft man im Kinderund Jugendtheater, insbesondere bei den Vormittagsvorstellungen, häufig auf weniger Vorfreude: »Theater?! Na ja, immerhin besser als Mathe!«
So nahm...