Von der Kunst, interventionistische Kunst überhaupt zu werden
von Sandra Umathum
Erschienen in: Recherchen 156: Ästhetiken der Intervention – Ein- und Übergriffe im Regime des Theaters (04/2022)
Assoziationen: Wissenschaft
1.
»How do you make sure that you catch everyone’s attention? Intervention Art is the way!«1 Ob polemisch gemeint oder nicht, benennt dieser Satz eine zentrale Eigenschaft von interventionistischer Kunst, nämlich ihren Wunsch oder ihr Ziel, Aufmerksamkeit und Interesse hervorzurufen, sowohl für die Sache, um die es ihr geht, als auch für sich selbst, ihr Vorgehen und die Mittel, die sie hierfür wählt. Jede künstlerische Intervention, das verbindet sie mit der politischen wie der militärischen Intervention, demonstriert ihre Uneinigkeit mit etwas Gegebenem und zugleich die Absicht, mittels der Unterbrechung einer Ordnung einen Unterschied zu machen. Anders als politische oder militärische Interventionen befinden sich künstlerische allerdings in dem Vorteil, ihre Berechtigung nicht aus der Veränderung und Verbesserung der Situation zu beziehen, in die sie eingreifen. Im politischen und militärischen Bereich existiert ein an die Verpflichtung auf Erfolg geknüpfter Legitimationsdruck, den die Kunst nicht im selben Maß kennt. Kunst hat andere Spielräume und Möglichkeiten. Sie muss nicht unbedingt ein bestimmtes Ziel erreichen oder überhaupt formulieren. Sie besitzt das Privileg, die Notwendigkeit und Relevanz ihres Unternehmens ebenso im Tun testen zu können, wie die Angemessenheit der gewählten Mittel oder ihr Potenzial zur Mobilisierung. Trotzdem bewegen sich künstlerische Interventionen diesseits von Voraussetzungen und...