Wir haben uns hier versammelt, um Abschied zu nehmen von unserem Freund Tankred Dorst. Wollten alle Personen, die der Bühnendichter Tankred in seinem langen Schriftstellerleben erfunden hat, mit uns an dieser Trauerfeier teilnehmen, die Kirche hätte ihnen nicht Platz bieten können. Merlin und sein Tross, Ernst Toller und die Revolutionäre, Herr Korbes oder der alte, verbitterte Hamsun, der die Welt nicht mehr versteht, sie alle müssen in unserem unsicheren Gedächtnis Platz nehmen. Hauptsache, sie sind noch da. Da das Theater ihnen keinen Platz mehr anbietet, sind sie vielleicht froh, in unseren Köpfen einen festen Ort zu haben. In unseren Köpfen gelten andere Spielpläne. In unseren Köpfen können wir Tankreds Stücke weiterhin mit Peter Lühr, Gisela Stein oder Thomas Holtzmann besetzen, ganz wie es uns gefällt. Und würden alle Schauspieler, Regisseure und die anderen Bühnenmenschen, die je Tankreds Stücke mit Leben erfüllt haben – in Deutschland und in der ganzen Welt –, zusammenkommen, die Lebenden und die Toten, um diesem alles andere als angeberisch um die Gunst von vielen buhlenden Menschen Lebewohl zu sagen, wir hätten leicht ein Stadion füllen können.
Mehr als fünfzig Theaterstücke hat Tankred geschrieben, dazu Hörspiele, Libretti und Drehbücher. Wenn man sich diese Zahl vergegenwärtigt und sich...