Theater der Zeit

Auftritt

Staatsoper Stuttgart: Sündenbabel mit neuer Führungsebene

„Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“ von Kurt Weill, Text von Bertolt Brecht –Musikalische Leitung Cornelius Meister und Luka Hauser, Regie Ulrike Schwab, Bühne Pia Dederichs, Lena Schmid, Kostüme Rebekka Dornhege Reyes

von Otto Paul Burkhardt

Assoziationen: Baden-Württemberg Theaterkritiken Musiktheater Staatsoper Stuttgart

Erschienen am 23.5.2024

Alisa Kolosova und Ida Ränzlöv in „Aufstieg Fall der Stadt Mahagonny“ in der Regie von Ulrike Schwab an der Staatsoper Stuttgart. Foto Martin Sigmund
Alisa Kolosova und Ida Ränzlöv in „Aufstieg Fall der Stadt Mahagonny“ in der Regie von Ulrike Schwab an der Staatsoper StuttgartFoto: Martin Sigmund

Was tun mit raubeiniger, kraftprotziger Gangster- und Puffromantik? Mit ehedem verruchten Gestalten wie Alaskawolfjoe? Auf den ersten Blick lassen Brecht, Weill und ihre 1930 in Leipzig uraufgeführte „Mahagonny“-Oper wenig Raum für grundsätzlich feministische Deutungen. Immerhin lassen sich einzelne Namen wie das „Hotel zum reichen Manne“ mittels ironiegetränkter Sprachregulierung in ein „Quartier zum zahlungskräftigen Mitmenschen“ in den Übertiteln umfriemeln. Doch solches leidlich witzige Herumkurieren an Symptomen reicht der Regisseurin Ulrike Schwab natürlich nicht aus. Sie geht grundsätzlicher vor und erzählt nun den ganzen „Mahagonny“-Plot aus der Perspektive zweier für die Errichtung dieser Paradiesstadt zentraler Frauen, nämlich der Gründerin Leokadja Begbick und der Sexarbeiterin Jenny Hill.

Dieses Duo infernale ist es auch, das in Schwabs Regie die Strippen zieht, bereits vor Opernbeginn vorn an der Rampe mit einer Weinflasche abhängt und zu spacigen Sounds und fernen Trommeln den „Benares-Song“ anstimmt. Dies durchaus in prominenter Tradition: Denn den setzte schon Ruth Berghaus einst 1992 in Stuttgart ans Ende ihrer „Mahagonny“-Version. Wobei Begbick und Jenny in Schwabs Lesart auch entfernt an die von Ernst Bloch so genannten revolutionären „Flintenweiber“ und „Petroleusen“ erinnern. Mit Pistolenhalfter in Western-Manier und mit stimmgewaltigen Mezzosopranregistern kommen beide daher, Alisa Kolosovas lustige Witwe Begbick ganz in Rot mit robustem Timbre...

Erschienen am 23.5.2024

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