Abschied
Erfinder und Entdecker
Gegen die Wegnahme von Geschichte: Zum Tod Frank Hörnigks
von Harald Müller
Erschienen in: Theater der Zeit: Wo ist Wir? – Armin Petras in Stuttgart (03/2016)
Assoziationen: Akteure
Die Nachricht vom Tod Frank Hörnigks: ein Schock. Sie wirkt irreal: zu prägnant waren seine Persönlichkeit, sein Charme, seine Kompetenz, die Neugier und sein Engagement, sein Humor, sein staunenswerter Optimismus, mit dem er bis zuletzt einfach „da“ war – wie selbstverständlich. Das sagten mir alle, die ich in den letzten Tagen traf und auf Frank ansprach.
Sein Tod unterbricht auf schmerzhafte Weise die Selbstverständlichkeiten des Alltags – meine Gedankenlosigkeit, die immer das Beste mutmaßt, solange man es nicht besser/schlechter weiß.
Ich lernte Frank in den Wirren des Wende genannten Geschichtsrutsches kennen und sofort schätzen. Durch Heiner Müller wusste ich, dass er sich im Reclam-Verlag um eine Müller-Ausgabe bemühte, die – als Lesebuch getarnt – das essayistische Werk des Meisters geballt vorstellen sollte. Wie so vieles damals kam auch dieses Buch „Heiner Müller Material“ zu spät, aber wir merkten: den Bogen spannen, dazu war Frank willens und auch fähig. Ich bemühte mich damals um die Transformation eines kleinen unabhängigen Bühnenvertriebes namens Autoren-Kollegium in die neue Zeit, dem der letzte DDR-Kulturminister Herbert Schirmer eine Adresse mit symbolischem Gehalt geben wollte: Clara-Zetkin-Straße 90, dort befand sich die Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel, in realita: Dort war der Ort der Literaturzensur in der DDR. Jedes...