Kämpfen oder aufgeben?“ Als Hans Werner Henze 1988 diese Frage in sein Tagebuch kritzelte, war es um das Genre des zeitgenössischen Musiktheaters nicht sonderlich gut bestellt. Während Komponisten ihre Experimente lieber im Bereich der Instrumentalmusik oder der elektronischen Musik unternahmen, machte ein Großteil des Publikums um die Neue Musik generell einen großen Bogen. Die Gründung der Münchener Biennale, dem internationalen Festival für neues Musiktheater, war daher ein Wagnis. Aber es gelang. Weil mit Henze ein Künstler hinter dem Festival stand, dem als leidenschaftlicher Linker das Elitäre des bürgerlichen Konzert- und Opernbetriebs ebenso verhasst war wie die Gated Communities der künstlerischen Avantgarde. Er wollte Hemmschwellen abbauen. Und dazu brauchte er Komplizen. „Es war noch nie so dringend wie heute, dass die Künstler … ihre Köpfe nicht nur erheben, sondern auch benützen, um mitzuarbeiten“, so Henze. „Um unsere Kultur zu verteidigen, unser Leben, müssen wir sie erst einmal in den Massen verbreiten helfen.“
Dreißig Jahre später ist von Hemmschwellen nichts mehr zu spüren. In Ruedi Häusermanns „Tonhalle“ sitzen wir, die Zuschauer, den Musikern des Henosode-Quartetts regelrecht auf dem Schoß. 2,75 × 5,25 × 2 Meter misst dieses winzige Konzerthaus, das sich mitten auf dem Max-Joseph-Platz zu Füßen der Bayerischen Staatsoper ganz prahlerisch...