Der Schlüssel zum Fahrstuhl
von Thomas Oberender
Erschienen in: Recherchen 114: Fiebach – Theater. Wissen. Machen. (06/2014)
Joachim Fiebach hat angeblich 35 Jahre in einer Neubauwohnung gelebt. Vielleicht ist es inzwischen länger, ich weiß es nicht. Ich weiß nichts über eine Frau, Kinder, besondere Vorlieben, etwas, das es sicher gibt. Wenn ich an ihn als Institutsleiter zurückdenke, dann fällt mir ein, dass er einen Fahrstuhlschlüssel hatte, hingegen wir als Studenten das enge Treppenhaus hinauf bis unters Dach stiegen. Das war halt so, was die äußeren Formen des Studienbetriebs betrifft, irgendwie noch wie im letzten Jahrhundert: eine verwirrungsfreie Ordnung von oben und unten, wissend und dumm, Lehrern und Lernenden. Ich sah Professor Fiebach, der auch mein Doktorvater wurde, nie einen Tisch verrücken oder Stuhl tragen, wenn im Seminarraum die Platzordnung nicht stimmte, wie das später die jungen Westdozenten machten, die uns duzten. Er publizierte in der Bundesrepublik, durfte reisen, aber erzählte von seinen Reisen nie etwas. Stattdessen sorgte er dafür, dass Theater heute in unserer Ostberliner Fachbibliothek lag und wir die nötigen „Giftscheine“1 für die Universitätsbibliothek erhielten. Wenn ich darüber nachdenke, so war Professor Fiebach damals, als er das Theaterwissenschaftliche Institut der Humboldt Universität leitete, unwesentlich älter als ich jetzt, da ich diese Zeilen aus der Erinnerung und zur Erinnerung an ihn schreibe. Die Welt um ihn...