Sie tötete ihre beiden Söhne, weil es auch Jasons Söhne waren. Rache, das ist ihr, der Zauberin aus Kolchis, geblieben, war ihr übermächtiger Antrieb. Mit Rache konterte sie Jasons Verrat. Echte Barbarenart? Christa Wolf schrieb in „Medea. Stimmen“ gegen das Klischee an. Wer ist diese „wilde Frau“? Auf die vorherrschende Lesart der „Kindsmörderin“ will sie sich nicht einlassen. Mit diesem Wort versteht man nichts, es schließt die Geschichte von Medea und Jason nicht auf, markiert bloß deren Endpunkt, ist ein Spiegel letzter Ausweglosigkeit. Doch welche Wege führten dorthin?
Mario Holetzeck erprobt in seiner letzten großen Inszenierung am Staatstheater Cottbus – nach acht erfolgreichen Jahren als Regisseur und Schauspieldirektor – mehrere Sichten auf Medea. Er nimmt dazu den Text des mit „Schlachten!“ berühmt gewordenen belgischen Autors Tom Lanoye „Mamma Medea“.
Prägend für das Spiel: ein weißer Raum (Bühne Gundula Martin), Symbol des Todes. Bühnenrechtecke bewegen sich auf unheilvolle Weise vor und zurück. Der Tod ist die auf die Spitze getriebene Fremdheit: Verwandlung dessen, was eben noch das Eigene war, in ein Nichts. In diesen Anfangsminuten blendet das Licht immer wieder ab, der weiße Raum taucht ab ins Schwarz. Hierin zeigt sich bereits Mario Holetzecks dynamischer Regiestil. Er agiert wie ein Filmregisseur...