Liechtenstein und das Rheintal
Eine Kulturregion über Ländergrenzen hinweg
Erschienen in: Arbeitsbuch 2025: diversité suisse – landscapes des zeitgenössischen theaters (07/2025)
Assoziationen: Schweiz

Anfang März 2007 herrschte schlechtes Wetter im Rheintal, als 170 schwer bewaffnete Soldaten der Schweizer Armee in das Fürstentum Liechtenstein einmarschierten. Was man in anderen Gegenden der Welt für überaus bedrohlich hätte halten müssen, war damals an der südlichen Landesgrenze Liechtensteins schlicht ein Versehen. Der Kommandeur der Schweizer Truppe hatte sich im Nebel der Alpen verlaufen. Kurioserweise war das allerdings nicht der einzige militärische Zwischenfall zwischen beiden Staaten. So wurde 1985 die südliche Region Liechtensteins mit mehreren Raketen beschossen, die einen Waldbrand im Fürstentum auslösten – wieder war ein heftiges Gewitter daran schuld. Und 1968 schlugen gar Granaten, die von der Schweizer Rheinseite aus abgefeuert worden waren, versehentlich im Feriendorf Malbun nahe der Friedenskapelle im liechtensteinischen Oberland ein.
Gleichwohl waren die freundschaftlichen Beziehungen beider Länder niemals ernsthaft in Gefahr. Im Gegenteil, die Bande zwischen der Schweiz und Liechtenstein sind sehr eng und seit mehr als 100 Jahren durch einen Zollvertrag geregelt. Aber auch angesichts grundlegender politischer Unterschiede beider Staaten – Liechtenstein ist eine konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratisch parlamentarischer Grundlage, die Schweiz eine föderale direkte Demokratie – sind die wirtschaftlichen, kulturellen und auch emotionalen Beziehungen so eng, dass Liechtenstein in der Schweiz oft als ein Kanton der Eidgenossenschaft angesehen wird.
Das...