Der 2004 veröffentlichte Roman (auf Deutsch 2007 bei Suhrkamp) gilt heute als einer der Meilensteine der neueren ukrainischen Literatur und der postsowjetischen Ära insgesamt. Auf den ersten Blick wird nicht gleich offenbar, dass „Depeche Mode“ doch vor allem von einer wodkatrunkenen Suche dreier Freunde mit den schon alles übertreibenden Namen Dog Pawlow, Wasja Kommunist und Erzähler Zhadan handelt, die ihren Kumpel Sascha Zündkerze (im Original „Vergaser“) suchen, wobei es sie durch eine vollkommen entregelte Welt der frühen neunziger Jahre in der Industriestadt Charkiw treibt. Dort, im ukrainischen Charkiw, sind bislang alle Bücher des Autors angesiedelt.
Was man neutral Transformationsgesellschaft nennt, zeigt sich hier als taumelnder Wodkaschmuggel und wüste Reise durch die in Trümmern liegende Sowjetgesellschaft. Serhij Zhadans Setzungen sind allerdings, so beiläufig sie daherkommen, subtil und voller Brisanz. Die Freunde sind nämlich nicht irgendwelche Penner, sondern praktisch über Nacht aus der sowjetischen Mittelschicht entwurzelte Kinder, die in der sich gerade auflösenden Erwachsenenwelt ihren eigenen Platz finden wollen. Dabei sammeln sie beispielsweise aus einer kaputten Fabrik eine Büste von Wjatscheslaw Molotow auf, der als Sowjetfunktionär heute als für die ukrainische Hungerkatastrophe der dreißiger Jahre verantwortlich gilt – von vielen Historikern inzwischen als Genozid unter dem Begriff „Holodomor“ eingestuft. Der Bronzekopf hätte...